Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen, deshalb vorweg der Hinweis: Ich habe zweimal an der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises der SPD-Bundestagsfraktion teilgenommen, Bier getrunken und mich am Büffet bedient, ohne dafür zu bezahlen. Eine von drei Sprechern der Seeheimer war bis Juni 2022 Siemtje Möller aus Friesland. Mich hat damals die Abgeordnete Karin Evers-Meyer eingeladen.
Dieses Bekenntnis ist notwendig, um unbefangen über ein Thema schreiben zu können, das die Bild-Zeitung und danach die Zeitschrift „The Pioneer“ aufgegriffen hat. Es ging um das Sponsoring, mit dem die Parlamentarier alljährlich die luxuriöse Wannsee-Schiffstour finanzieren. „The Pioneer“ nannte etliche Namen aus der langen Spenderliste. Die reicht vom Rüstungsunternehmen Rheinmetall bis zum Bundesverband der Zigarrenindustrie, von der Veltins-Brauerei bis zu Union Investment.
5000 Euro, hieß es in dem Artikel, müssten Verbände und Firmen mindestens hinlegen, um mit ihrem Logo auf einer diskret angebrachten Werbewand auf dem Schiff vertreten zu sein. Vor allem aber, um auf die Einladungsliste zu kommen, die den Zugang zu Ministern, Fraktionsspitzen, Länderchefs und zu anderer Prominenz sichert. Diesmal war sogar Kanzler Scholz dabei. Die Chance auf eine Plauderei mit ihm kann sich ein Lobbyist schon mal ein paar tausend Euro kosten lassen.
Man mag das für Peanuts halten. Aber hat nicht die Ampelkoalition selbst im Koalitionsvertrag versprochen, das Sponsoring von Parteien strikter zu regeln? Prompt haben sich nun Antikorruptions-Verbände wie Lobbycontrol und Transparency International kritisch über die Art und Weise geäußert, wie die Seeheimer ihre Spargelfahrt sponsern lassen. Ich will das nicht bewerten. Wer im Glashaus sitzt …
Den Prozess, sich kritisch mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen, hat die Presse allerdings hinter sich. Die Verlockung, sich Leute gewogen zu machen, frei nach dem Motto „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, besteht ja nicht nur in der Politik. Ein großzügiger Umgang mit Zuwendungen war früher in vielen Branchen und selbst bei Behörden gang und gäbe. Ein Lederkalender hier, ein Abendessen dort, eine teure Flasche Rotwein, ein schöner Rabatt beim Einkauf, das waren und sind noch die harmloseren Varianten, und Journalisten waren da als Empfänger nicht viel sensibler als andere.
Selbstkritisch betrachtet, hätte auch ich die eine oder andere Einladung ausschlagen oder selbst bezahlen sollen. So wie der Arzt in Jever, der mit einem Schild in seiner Praxis darauf hinweist, dass er der Initiative „MEZIS“ angehört. Die Buchstaben stehen für „Mein Essen zahl ich selbst“ und dafür, dass kritische Mediziner sich nicht vom Einladungsunwesen der Pharma-Lobby korrumpieren lassen wollen.
Die Medien haben das Problem vor Jahren erkannt und teils durch hausinterne Regeln gelöst. Für alle aber gilt Richtlinie 15.1 im Pressekodex, die besagt, dass Journalisten keine Einladungen und Geschenke annehmen, die das im geschäftlichen Verkehr übliche und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß übersteigen. „Schon der Anschein“, heißt es da, „die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion könne beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden.“
Das wäre vielleicht ein Tipp für die Seeheimer. Mir persönlich ging übrigens ein Licht auf, als vor vielen Jahren ein Abgeordneter mein Büro betrat und 50 Mark auf den Tisch legte. Er habe es in der vorweihnachtlichen Hektik leider nicht geschafft, einen Präsentkorb für die Redaktion zu besorgen. Er ist dann mit seinem Geldschein nach Hause gegangen und im nächsten Jahr nicht wiedergekommen.
Hat dies auf Friesenblog rebloggt und kommentierte:
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft … ?
Eine neue Kolumne vom Ombudsmann.
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